Marta Pagans

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Wie reaktiviere ich mein Englisch? 7 Tipps für Übersetzer:innen von Kirsty Wolf

© Privat

Du arbeitest oft und gerne mit Englisch? Schriftlich klappt alles wunderbar? Beim Gedanken, auf Englisch reden zu müssen, wird dir dagegen flau im Magen? 

Dein Studium liegt weit zurück. Von deiner früheren Fluency ist kaum noch etwas da. Bei jedem Versuch kommst du jetzt ins Stocken und diese fiesen Anfangsfehler schleichen sich auch noch ein. Und das als Übersetzerin für Englisch ... Wie peinlich ist das denn? Dann doch lieber gar nicht sprechen! 

Tja, willkommen im Club. Ich stelle gerade fest: Es geht einigen von uns so.

Vor guten zwei Jahren bekam ich eine Anfrage für ein vielversprechendes Projekt. Der Haken? Die Auftraggeberin wollte sich davor mit mir unterhalten. Auf Zoom. Auf Englisch.

Nein, ich habe nicht lange gezögert und dankend abgelehnt: Ich sei überarbeitet und würde zurzeit keine neuen Aufträge annehmen, der Zeitpunkt passe nicht ganz, ich sei da zum Teil in Urlaub, …  

Ja, das alles hat tatsächlich gestimmt. Der wahre Grund war aber: Ich konnte mir in dem Moment nicht vorstellen, in absehbarer Zeit in einem Meeting auf Englisch einen professionellen Eindruck hinterlassen zu können. Ich konnte mir nicht einmal vorstellen, vollständige Sätze auf Englisch zu bilden (ohne dass mir das Deutsche in die Quere kam). Und das, auch wenn Englisch meine erste Fremdsprache ist. Zumindest auf dem Papier.  

Wie du vielleicht auch schon gemerkt hast: Übersetzen und Sprechen sind nämlich zwei sehr verschiedene Paar Schuhe. 

Auch wenn meine Englischkenntnisse aufzufrischen damals auf meiner Prioritäten-Liste sehr weit unten stand, hat mich diese eine Absage lange beschäftigt. 

Ende letzten Jahres, als ich das Jahr Revue habe passieren lassen und Pläne für 2023 geschmiedet habe, habe ich es gespürt: Jetzt passt es! Jetzt ist es an der Zeit, mein Englisch wieder zu aktivieren. Ich möchte in der Lage sein, wieder auf Englisch zu kommunizieren. Von meiner Angst, Fehler zu machen, möchte ich mich nicht mehr bremsen lassen. 

Und siehe da, kaum habe ich den Entschluss gefasst, werde ich auf eine englische Muttersprachlerin aufmerksam, die englische Konversation online anbietet. Ihr Schwerpunkt: Teilnehmende zu ermutigen, Englisch zu sprechen.

Mit Kirsty Wolfs Unterstützung hat sich bei mir in den letzten Monaten in Sachen mündliches Englisch einiges getan. Dafür bin ich ihr unendlich dankbar. Ihre Tipps finde ich so klasse, dass ich sie gebeten haben, für meinen Blog einen Artikel zu verfassen.

Egal ob Englisch oder eine andere Fremdsprache … Möchtest du deine B- oder C-Sprache wieder aktivieren? Falls ja, ich hoffe, du findest Kirstys Tipps so hilfreich wie ich.

Und jetzt übergebe ich das Wort einfach an Kirsty …

Wie kannst du deine Sprechhemmungen beim Englischsprechen überwinden?

 

Hi, ich bin Kirsty Wolf! 

Ich bin zwar Englischlehrerin, aber die meisten Menschen, mit denen ich arbeite, brauchen keinen Englischkurs im herkömmlichen Sinne. Klar, es gibt Menschen, die meine Unterstützung bei englischen Zeitformen oder Vokabeln brauchen. Aber meine Lernenden haben in der Regel etwas gemeinsam: Sie wollen sich (wieder) trauen, Englisch zu sprechen. 

Es kann sein, dass ich solche Menschen anziehe, weil ich oft über dieses Thema schreibe. Ich bin Lehrerin, aber ich lerne auch selbst Fremdsprachen. Ich weiß, wie sich das anfühlt. Du weißt, wie du bist, und du möchtest, dass dich andere Menschen kennenlernen, so wie du bist, aber irgendwie fehlt dir der Mut dazu, alles zu sagen, was dir durch den Kopf geht.  

Meine innere Kritikerin will mich vor Misserfolgen schützen, aber manchmal muss sie auch still sein. Wir müssen Fehler machen, um aus ihnen zu lernen. Wenn wir nichts Neues probieren, machen wir zwar keine Fehler, aber wir lernen auch nichts Neues dazu. 

Als Übersetzerin oder Übersetzer hast du vielleicht sehr viel Kontakt mit der englischen Sprache. Da du immer mit Texten arbeitest, hast du jedoch selten Gelegenheit zum Sprechen. Wenn wir etwas nicht regelmäßig tun, fällt es uns nicht leicht. Dann werden wir unsicherer. Wir nehmen uns vor, uns eines Tages damit zu beschäftigen. Aber dieser Tag kommt nicht, weil es so viele andere Dinge gibt, die unsere Aufmerksamkeit beanspruchen ... 

Trotzdem weißt du, dass du eigentlich davon profitieren würdest, wenn du spontaner auf Englisch kommunizieren könntest. Erstens, um dein Sprachwissen auf den letzten Stand zu halten (Sprache verändert sich schnell!) und zweitens, damit du dich bei Veranstaltungen oder Gesprächen mit potenziellen Kunden besser präsentieren kannst. 

In diesem Blogbeitrag möchte ich einige Ideen und Strategien mit dir teilen, die dir helfen werden, deine Sprechhemmungen zu überwinden und frei zu sprechen – damit andere Leute herausfinden können, wer du bist und was du zu sagen hast! 

Ich habe zwar 7 Aktivitäten aufgelistet, aber es sind keine 7 Schritte. Vielleicht wird dir nur ein Punkt weiterhelfen. Vielleicht möchtest du mehrere Impulse ausprobieren, um herauszufinden, welche dich wirklich weiterbringen.

#1 Englischkenntnisse wieder aktivieren? Denk über deine Ziele nach!

Du möchtest dein Englisch auffrischen, damit du (wieder) fließend sprechen kannst. Das ist schön. Aber was bedeutet das ganz genau für dich?

Wozu möchtest du besser sprechen können? Mit wem? In welcher Situation? Nur geschäftlich oder auch privat?

Was hält dich momentan davon ab? Nur wenn du das weißt, kannst du gezielt etwas dagegen unternehmen.

Ich habe vor zwei Jahren angefangen, Rumänisch zu lernen und hatte von Anfang an gleich mehrere Probleme. Erstens mochte ich die Rumänisch-sprechende Kirsty nicht, weil sich ihre Stimme so schüchtern anhörte. So bin ich nicht. Außerdem wollte ich nicht sprechen, weil ich den Eindruck hatte, dass ich nichts Sinnvolles zu sagen hatte. Zum einen, weil mir die Vokabeln fehlten, zum anderen, weil ich mich auf einem viel einfacheren Niveau ausdrücken musste. Mein größtes Problem war, dass ich gerne und viel rede … Und das ging am Anfang einfach nicht!

Inzwischen spreche ich zwar nicht perfekt, aber ich habe diese drei Probleme nicht mehr. Vokabeln kann man lernen. Es ist zwar frustrierend, wenn du nur die Hälfte von dem sagen kannst, was du gerne erzählen möchtest, aber es ist besser, als gar nichts zu sagen, und es ist ja nicht für immer. Morgen kannst du wieder ein bisschen mehr sagen. Und in einem Monat noch mehr. Aber die ersten Schritte sind die wichtigsten, wenn du vorankommen möchtest.

Vor einigen Wochen habe ich mich mit einer rumänischen Freundin getroffen. Wir haben über vier Stunden auf Rumänisch gesprochen und es hat Spaß gemacht! Gut, es war eine Freundin und kein anspruchsvoller beruflicher Vortrag auf Rumänisch, aber ich weiß noch, wie ich mich gefühlt habe, als es mir noch zu viel gewesen wäre, vier Minuten am Stück auf Rumänisch zu sprechen: Es wird einfacher. Aber nur, wenn wir anfangen zu sprechen!

#2 Gewöhne dich (wieder) daran, deine eigene Stimme beim Englischsprechen zu hören

Für manche Menschen sind nicht die Wörter an sich das Problem. Sondern vielmehr die Tatsache, dass wir nicht daran gewöhnt sind, uns selbst beim Sprechen einer Fremdsprache zu hören.

Vielleicht liegt es an der Aussprache – es gibt Laute, die uns Schwierigkeiten bereiten. Vielleicht gefällt uns nicht, wie es sich anhört, weil wir nicht so selbstsicher klingen oder nicht so schnell reden können wie in unserer Muttersprache.

Beim Portugiesisch-Unterricht muss ich manchmal Texte vorlesen. Das sind nicht meine Texte. Ich muss mir keine Gedanken machen, ob ich die richtigen Wörter verwende. Ich muss sie nur laut vorlesen. Und ich mache das nicht gerne, weil es so viel besser klingt, wenn die Lehrerin vorliest. Aber  trotzdem mache ich es, weil ich diese Portugiesisch-sprechende Kirsty kennenlernen und mich mit ihr anfreunden möchte.

Vielleicht möchtest du mit einem Text anfangen, den du schon übersetzt hast und einigermaßen gut kennst. Oder vielleicht nimmst du ein Buch und liest daraus vor?

Wenn du ein bisschen Übung hast, mach eine Audio- oder Videoaufnahme von dir. Du brauchst sie nicht zu teilen, wenn du das nicht möchtest, aber schau und hör dir beim Reden zu. Natürlich kannst du auf diese Weise feststellen, ob du ein bestimmtes Wort noch üben oder mehr Zeit zum Verbessern einer bestimmten Buchstabenkombination aufwenden musst, aber im Grunde geht es nicht darum, nach Fehlern zu suchen. Ziel ist es, dich beim Zuhören deiner eigenen Stimme, wenn sie Englisch spricht, wohlzufühlen, oder diese Stimme zumindest als Teil von dir zu akzeptieren.

#3 Denke auf Englisch, um alltägliche Informationen spontan weiterzugeben

Das ist das Schöne am Schreiben. Du hast Zeit, deine Gedanken zu ordnen, um Wörter nachzuschlagen und um alles noch einmal durchzulesen. Wenn du sprichst, muss es schneller gehen. Du musst spontan reagieren und deine Ideen sofort kommunizieren.

Ich habe in einem deutschen Team gearbeitet und mich immer wohlgefühlt, weil ich mich hinter E-Mails verstecken konnte: Als wir ein Meeting in Deutschland hatten, haben mich meine Kolleginnen und Kollegen nicht wiedererkannt, weil ich das Sprechen vernachlässigt hatte und lieber still blieb. Mit der Zeit wurde es besser, aber ich habe etwas Wichtiges gelernt: Auch wenn du alles verstehst und dich schriftlich gut ausdrücken kannst, werden deine Sprachfähigkeiten nicht besser, wenn du sie nicht trainierst.

Denk darüber nach, wie du jemandem auf Englisch erklären würdest, was dir heute passiert ist: Woran hast du heute gearbeitet? Welche lustigen Vorfälle gab es? Was hast du heute gelernt? Was hat dich beschäftigt? Wofür bist du dankbar?

Was du erzählst, hängt von dir ab. Das Ziel ist, dein Gehirn zu trainieren, schneller auf Englisch zu denken. Wenn du später redest, fallen dir die Wörter schneller ein, weil du den Satzbau schon trainiert hast.

4# Überlege, welche Aktivitäten dir am meisten Spaß machen

Wir lernen am besten, wenn wir Spaß dabei haben. Ok, einige Dinge muss man einfach lernen, aber wenn es um eine Sprache geht, besonders für uns als Erwachsene, haben wir die Freiheit zu entscheiden, wie wir diese Erfahrung nach unseren eigenen Wünschen und Bedürfnissen gestalten wollen.

Wenn du also sprechen müsstest, was würde dir am meisten Spaß machen? In einer Gruppe oder 1 zu 1? Online oder vor Ort? Würdest du dich lieber über die Arbeit oder über ein Hobby unterhalten? Während des Arbeitstages, abends oder am Wochenende? Mit engen Bekannten oder mit völlig unbekannten Menschen? Es gibt hier keine richtige oder falsche Antwort, sondern nur die Antwort, was dich neugierig macht und dich eher zum Sprechen motiviert.

#5 Hast du über Dein PLN (Personal Learning Network) nachgedacht?

Dein PLN ist eigentlich viel mehr als etwas, das dir beim Sprechen hilft. Es geht um deine sprachliche Entwicklung und wer etwas dazu beitragen kann. Das kann eine Kollegin, ein Lehrer oder eine Freundin sein. Oder Menschen, die einen Podcast oder einen Blog betreiben, mit denen du dich wegen eines Sprachaustauschs triffst oder die genauso wie du Englisch lernen. Bei einigen reicht es, dass du ihnen zuhörst oder liest, was sie geschrieben haben. Vielleicht wissen sie gar nicht, dass sie dir beim Erlernen einer Sprache helfen.

Mit anderen ist die Beziehung persönlicher und die Gespräche oder der Austausch von Ideen machen das Englisch-Sprechen zum Teil deines Lebens. Keine Aufgabe für zwischendurch, wenn du mal Zeit findest. Es ist einfacher, etwas Konkretes in den Terminkalender einzubauen oder Zeit dafür zu finden, wenn jemand auf eine Antwort von dir wartet.

Solltest du dich für einen Sprachkurs entscheiden, kannst du einen Kurs suchen, bei dem das Sprechen im Mittelpunkt steht. (Ich biete auch solche Kurse an und gerade gibt es noch einige freie Plätze bei einem Kurs ausschließlich für Übersetzende. Hast du Interesse? Dann schick mir eine E-Mail). Es geht darum, möglichst viel zu sprechen. Klar wirst du auch aus deinen Fehlern lernen, aber das Ziel ist, fließender zu sprechen und deine Ideen auf deine Weise auszudrücken, damit du authentischer klingst.

Wer ist schon in deinem PLN und wer soll noch dazukommen?

#6 Tausche Sprachnachrichten mit anderen aus

Das erste Mal kann das schwer sein! Du redest und redest und niemand hilft dir, wenn du nach einem Wort suchst. Aber wenn du regelmäßig mit jemandem auf diese Weise auf Englisch kommunizierst, am besten mit jemandem, den du magst, hast du auch einen Grund, es öfter zu tun.

Meine Lieblingswebsite, um Menschen für einen Sprachaustausch zu finden, heißt Conversation Exchange. Vielleicht findest du Kolleginnen oder Kollegen, die genau in die andere Richtung übersetzen. So können wir viel mehr lernen als nur einige Wörter in der neuen Sprache. So kommen wir auch viel schneller beim Vokabellernen voran, weil wir Wörter lernen, die relevant sind, da wir sie im Gespräch brauchen können.

Wenn es auf Anhieb nicht klappt, kannst du die Nachricht löschen und wieder von vorne anfangen. Aber es muss nicht perfekt sein. Done is better than perfect!

Und wenn du das machst, trainierst du gleichzeitig auch dein Hörverstehen.

#7 Suche gezielt nach Gelegenheiten, um Englisch zu sprechen

Wo könntest du (regelmäßiger) auf Englisch sprechen? In Online- oder Präsenz-Veranstaltungen für Übersetzende oder Dolmetschende? Gibt es vielleicht einen englischen Stammtisch in deiner Nähe? Oder berufliche Netzwerktreffen?

Manchmal ist es gut, wenn die Sprache an sich nicht im Mittelpunkt steht und du die Gelegenheit hast, Englisch in alltäglichen Situationen anzuwenden. Schon mal über einen Koch- oder einen Tanzkurs auf Englisch nachgedacht?

Wenn du Lust hast, in einer entspannten Atmosphäre Englisch zu sprechen, lade ich dich herzlich zu meinem Online Conversation Club ein. Ich habe eine Gruppe für Selbstständige (wie dich) und eine Gruppe für Englisch im Alltag.

Wir treffen uns jeweils einmal im Monat für eine Stunde auf Zoom, um verschiedenste Themen zu besprechen. Mir ist es ein großes Anliegen, ohne Druck alle zu motivieren, sich an dem Gespräch zu beteiligen und selbst zu sprechen. Alle anderen Teilnehmenden sind auch Menschen, die beim Englischsprechen (wieder) selbstsicherer werden möchten. Wir haben jedes Mal viel Spaß und lernen außerdem dabei neue Leute kennen.

Hier findest du alle Einzelheiten zu meinem Conversation Club.

Was möchtest du noch heute ausprobieren, um dein Englisch wieder zu aktivieren?

Ich hoffe, dass dir diese Denkanstöße neue Ideen gegeben haben. Du kennst dich am besten. Du weißt, was dein größtes Hindernis in Bezug aufs Sprechen ist. Wenn du das herausgefunden hast, kannst du auch einen Plan machen, wie du etwas an der Situation ändern kannst und was du gerne ausprobieren möchtest.

Wenn du Fragen hast, erreichst du mich gerne über LinkedIn oder meine Website.

Ich wünsche dir viel Erfolg und vor allem viel Spaß beim Englischsprechen!

Zu Kirsty:

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Kirsty Wolf ist Online-Englischlehrerin für Erwachsene. Die gebürtige Londonerin wohnt in Südengland und arbeitet seit 10 Jahren mit Kundinnen und Kunden aus ganz Europa, hauptsächlich aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Kirsty unterstützt ihre Lernenden dabei, selbstsicherer Englisch zu sprechen und ihre eigene Stimme auf Englisch zu entdecken – ob bei der Arbeit oder in der Freizeit.

Kirsty lernt leidenschaftlich gerne Fremdsprachen. Deutsch war ihr Lieblingsfach in der Schule. Vor zwei Jahren hat sie angefangen, Rumänisch zu lernen und jetzt ist Portugiesisch dran! Da sie selbst Fremdsprachen erlernt, kann sich wunderbar in ihre Lernenden hineinversetzen und kann ihnen Lösungen präsentieren, die wirklich funktionieren, zum Beispiel beim Überwinden der Angst vor dem Sprechen.

Hier geht es zu Kirstys Website, LinkedIn-Profil und Podcast.

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