Marta Pagans

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Vorbereitung auf die Staatliche Prüfung für Übersetzer – Erfahrungen und Tipps

Wie werde ich staatlich geprüfte Übersetzerin? Wie kann ich mich für die Staatliche Prüfung vorbereiten? Wann soll ich mich dafür anmelden? Welche Tipps und Strategien helfen mir vor und während der Prüfung?

Nein, ich habe die Staatliche Prüfung für Übersetzer nicht abgelegt und ich habe es auch nicht vor. Zu mir kommen aber immer wieder Kolleginnen, die vor dieser Herausforderung stehen. Diesmal habe ich mir im Blog Unterstützung geholt: von einer erfolgreichen Kandidatin, einer Dozentin und einer ehemaligen Prüferin. Sie haben ganz viele wertvolle Strategien und Insidertipps gesammelt. Und ja, ganz unten gebe ich als Beraterin auch meinen Senf dazu.


Wenig Zeit? Hier kannst du direkt zum jeweiligen Beitrag springen:

Vorbereitung auf die Staatliche Prüfung für Übersetzer aus Sicht einer erfolgreichen Kandidatin – Montserrat Varela

Vorbereitung auf die Staatliche Prüfung für Übersetzer aus Sicht einer Dozentin – Dorothea Rudel

Vorbereitung auf die Staatliche Prüfung für Übersetzer aus Sicht einer ehemaligen Prüferin – Luisa Callejón

Vorbereitung auf die Staatliche Prüfung für Übersetzer aus Sicht einer Beraterin – Marta Pagans (also von mir 😉)

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Vorbereitung auf die Staatliche Prüfung für Übersetzer − eine erfolgreiche Kandidatin berichtet:

Montserrat, Du bist öffentlich bestellte und allgemein beeidigte Übersetzerin für die spanische Sprache.

Was hat dich bewegt, die staatliche Prüfung für Übersetzer abzulegen? Was war deine Motivation?

Mit meinem Studium der Germanistik war ich hier in Deutschland immer Quereinsteigerin. Übersetzt habe ich immer parallel zu meinem Spanischunterricht, der jahrelang mein Schwerpunkt war. Also habe ich mich erkundigt, wie ich mich hier in Deutschland qualifizieren kann, und am schnellsten war es über eine staatliche Prüfung. Ich konnte es aber erst machen, als meine Kinder aus dem gröbsten raus waren, wenn sie also am Abend schon selbstständig waren und sie mich oder meinen Mann nicht zu sehr brauchten.


Wo und wann hast du die staatliche Prüfung abgelegt?

Die staatliche Prüfung habe ich zwischen 2022 und Anfang 2023 abgelegt, denn es sind drei Prüfungen insgesamt, über die Lehrkräfteakademie in Hessen.


Wie und wie lange hast du dich dafür vorbereitet?

Zwei Jahre. 2021 habe ich mich an die Übersetzer- und Dolmetscherschule Köln eingeschrieben. Sie bieten eine Online-Weiterbildung an für Deutsch-Spanisch an. Nach diesem Jahr habe ich 2022 intensiv Rechtssprache und das Rechtssystem Deutschlands gelernt.


Was hat dir bei der Vorbereitung für die Staatliche Prüfung besonders geholfen?

Diese Online-Weiterbildung war sehr hilfreich für die Übersetzungsübungen, auch ins Deutsche, was ich bisher nicht gemacht habe. Es waren sechs Stunden in der Woche, plus Vorbereitung der Texte für jede Stunde.


Gibt es Bücher oder andere Fortbildungsmöglichkeiten, die du besonders empfehlen würdest?

Beim BDÜ gibt es eine Reihe von sehr guten Fachbüchern über die deutsche Rechtssprache, z. B. Thormann/Hausbrandt: Rechtssprache klar und verständlich für Dolmetscher, Übersetzer, Germanisten und andere Nichtjuristen. Auch die Webinare des BDÜ für spezifische Rechtsgebiete waren sehr hilfreich. Ich buche sie immer noch jetzt.


Was hat dir während der Prüfungstage besonders geholfen?

Der Austausch mit den anderen Teilnehmern der Online-Weiterbildung. Wir hatten 2021 und 2022 einen sehr regen Kontakt über Whatsapp und Zoom-Sitzungen. Im September 2022 haben wir uns alle persönlich beim schriftlichen Teil in Frankfurt kennengelernt. Das war die beste Erfahrung überhaupt. Nach den ersten Prüfungen am Freitag sind wir essen gegangen und hatten eine wirklich schöne Zeit zusammen.


Welchen kleinen Tipp oder Trick würdest du gerne weitergeben?

Nicht aufgeben und das Ziel nicht aus den Augen verlieren. Im Jahr 2022 musste ich auf Literatur bzw. Sachbücher verzichten. In meiner freien Zeit, besonders am Wochenende, habe ich fast nur Fachbücher über Rechtssprache gelesen, auch viel Presse gelesen wegen des Teils mit der Landeskunde. Das war es am Ende wert, denn der juristische Teil, obwohl man kein Jura bei der Anmeldung angekreuzt hat, sollte man nicht unterschätzen.

Außerdem sollte man es nicht scheuen, sich Hilfe zu holen. Für die dritte mündliche Prüfung, wo man vom Blatt übersetzen soll, habe ich fünf Stunden Online-Training bei Luisa Callejón gebucht. Sie hat einige Texte für beiden Richtungen ausgesucht und mir auch einige Tipps bezüglich der Fragen über Landeskunde bei dieser letzten Prüfung gegeben. Ich kann sie nur empfehlen 😊


Montserrat Varela, beeidigte Übersetzerin, Lektorin und Autorin für Spanisch

Website: www.puntoyaparte.de

Twitter: https://www.linkedin.com/in/montserratvarela/

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Vorbereitung auf die Staatliche Prüfung für Übersetzer − eine DOZENTIN GIBT Tipps:

© Dorothea Rüdel

Dorothea, du bist staatlich geprüfte Übersetzerin für Spanisch. Heute arbeitest du bei der AKAD University als Lehrgangsleiterin Staatlich geprüfter Übersetzer.

Was hat dich bewegt, die staatliche Prüfung für Übersetzer abzulegen? Was war deine Motivation?

Nach meinem Diplom-Studium der Kulturwirtschaft mit den Sprachen Spanisch und Französisch sowie dem Schwerpunkt auf Spanien und Lateinamerika arbeitete ich einige Jahren in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und als Lateinamerika-Referentin einer Stiftung im Bereich Entwicklungszusammenarbeit. 2014 dann hatte ich den Wunsch, wieder ausschließlicher mit der deutschen und spanischen Sprache als Werkzeug zu arbeiten. So nahm ich mir den Übersetzerberuf als weiteres Standbein zum Ziel. Ich hörte mich bei etablierten Übersetzern und Dolmetschern des BDÜ um, die mir direkt zur staatlichen Prüfung als Zusatz-Qualifikation rieten. Und so meldete ich mich bei der AKAD für den Vorbereitungslehrgang an. Dank des zeitlich und örtlich ungebundenen Online-Modells der Prüfungsvorbereitung war AKAD schon damals der einzige Anbieter mit Rundum-Flexibilität.


Wie und wie lange hast du dich FÜR die staatliche Prüfung vorbereitet?

Ab 2015 habe ich mich in der Familienpause zwei intensive Jahre mit dem AKAD-Lehrgang gezielt vorbereitet und dann 2017 die Staatsprüfung in Karlsruhe absolviert. Der Lehrgang ist konkret auf die Prüfung beim Karlsruher Regierungspräsidium zugeschnitten und war sehr hilfreich.


Aus deiner Erfahrung bei der AKAD University, wo haben die Teilnehmenden die meisten Schwierigkeiten?

Viele Teilnehmenden unterschätzen die hohen Anforderungen im Übersetzerberuf. Sie gehen davon aus, dass das Beherrschen zweier Sprachen (Mutter- und Fremdsprache) auf hohem Niveau auch gleichbedeutend mit einer guten Übersetzungsfähigkeit ist. Die Analysefähigkeit bei Texten und Grammatik, die Ausdrucksfähigkeit in beiden Sprachen, die interkulturelle Sensibilität und die Einarbeitung in das wirtschaftliche Fachgebiet sind hier nur Beispiele für weitere Kompetenzen, die neben dem reinen Sprachlernen trainiert werden müssen. Und dann ist da ja noch die externe Staatsprüfung. Es reicht nicht, den Lehrgang mittelmäßig zu durchlaufen und zu hoffen, dass es schon irgendwie werden wird. In der Staatsprüfung muss das reine Translationswissen auf Knopfdruck unter Beweis gestellt werden. Das ist eine hohe Kunst und erfordert eiserne Disziplin, hohe Konzentration und punktgenaues Arbeiten.


Wo siehst du die Vorteile, wenn man sich bei der AKAD University vorbereitet?

Der Lehrgang ist in Modulen angeordnet, deren Inhalte aufeinander aufbauen. Das hilft inhaltlich und organisatorisch und ermöglicht einen klaren Lernfortschritt. Dennoch ist der Lehrgangsteilnehmer ein autonomer Selbstlerner, der nach eigenem Tempo und auf Wunsch komplett unabhängig agiert. Man kann sich zu 100 Prozent online 24/7 vorbereiten. Wünscht man Unterstützung, kriegt man die jederzeit: Jedem Modul ist ein Tutor zugeteilt, man lernt in Online-Seminaren die Mitstreiter kennen, kann sich vernetzen, kann sich an den Fragen im den Foren beteiligen und bekommt Feedback durch Einsendeaufgaben. Wenn man dann noch die Prüfungsvorbereitung wünscht, kann man nach Ablauf der Pflichtmodule darüber hinaus ohne Zusatzkosten zu den Präsenzseminaren in Stuttgart kommen. Hier gibt die Prüfungssimulation, die auf den realen Ablauf mit fünf Klausuren an zwei Prüfungstagen vorbereitet, eine gute Einschätzung zur Prüfungsreife.


Was wären deine drei besten Tipps für die Prüfungsvorbereitung?

  • tägliche Presseschau in beiden Sprachen mit Wortklauberei zu den aktuellen Wortneuschöpfungen

  • Diszipliniertes Übersetzungstraining im Team gegen Ende des Lehrgangs, bestenfalls im Austausch mit anderen gemischtsprachlichen Mitstreitern aus dem Lehrgang

  • Tägliches Stegreifübersetzen in beide Sprachen

Ganz wichtig auch wäre noch die schnelle und schöne Handschrift, die für die Staatsprüfung wieder trainiert werden muss. Denn in der Prüfung sitzt man lediglich mit Hirn, Stift und Papier.


Was sollten Kandidat:innen an den Prüfungstagen unbedingt beachten?

Es ist wichtig, komplett ausgeruht und ohne Stress anzureisen, möglichst an einem Tag davor. Für eine gute Nachtruhe sollte man sich vielleicht ein Hotel gönnen. Man sollte sich der Tatsache bewusst sein, dass man sehr gut vorbereitet ist. Das beruhigt! Vielleicht sollte man sich auch schon eine Belohnung in Aussicht stellen für die Zeit nach der Prüfung. Das spornt an!

In der schriftlichen Prüfung sollte man im doppelzeiligen Abstand übersetzen, um bei einer späteren Korrektur sauber durchstreichen und die leere Linie für die neue Lösung verwenden zu können. Eine klare Handschrift ist auch von Vorteil!

In der mündlichen Prüfung ist die Stegreifübersetzung eine hohe Hürde. Nimmt man diese nicht, darf man zum einen die mündliche Prüfung nicht fortsetzen und muss vor allen Dingen die fünf schriftlichen Klausuren zu einem späteren Zeitpunkt erneut durchlaufen. Man fällt also zurück auf „Los“!


Wenn sich jemand für eine Prüfungsvorbereitung in der AKAD University interessiert, wie kann sich diese Person am besten informieren?

Hier kann direkt Infomaterial angefordert werden für eine 1:1-Beratung bei der AKAD University.


Dorothea Rüdel, Übersetzerin Spanisch-Deutsch aus Stuttgart, AKAD-Lehrgangsleiterin „Staatlich geprüfte:r Übersetzer:in“ für Englisch, Französisch und Spanisch

Website: www.claves.info

LinkedIn: https://www.linkedin.com/in/dorothea-ruedel

www.akad.de

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Vorbereitung auf die Staatliche Prüfung für Übersetzer − Einblicke einer ehemaligen Prüferin

© Kerstin Zillmer

Luisa, du warst jahrelang Prüferin für Spanisch am Staatlichen Prüfungsamt für Übersetzer des Landes Berlin. Heute bereitest du angehende Kandidat:innen auf die staatliche Prüfung vor.

Was hat dich bewegt, die staatliche Prüfung für Übersetzer abzulegen? Was war deine Motivation?

Ich hatte zwei philologische Studien hinter mir, Hispanistik und Germanistik. Das Jonglieren zwischen beiden Sprachwelten gehörte zu meinem Alltag. So fing ich an, ernsthaft darüber nachzudenken, den beruflichen Weg als Übersetzerin einzuschlagen. Die Staatliche Prüfung war sozusagen mein erster Schritt in Richtung Professionalisierung als Übersetzerin.


Wie und wie lange hast du dich dafür vorbereitet?

Ich habe mich allein, relativ kurzfristig und nicht systematisch vorbereitet, habe keine Ausbildungsstätte dazu besucht. Aus heutiger Sicht war das ein Kamikaze-Unterfangen.


Was hat dir bei der Vorbereitung für die Staatliche Prüfung besonders geholfen?

Zum Glück ist es alles gutgegangen. Ich habe über die schriftlichen „Klausuren“ vor Ort geschwitzt. Meine Leistung reichte aber wohl. Für die Übersetzungen, die in Hausarbeit zu erstellen waren, durfte ich alle Hilfsmittel verwenden. Dafür habe ich mir Bücher aus Spanien bestellt und viel in der Bibliothek des Ibero-Amerikanischen Instituts in Berlin recherchiert. Das Internet war ja noch nicht erfunden bzw. blieb einigen wenigen Wissenschaftlern an Unis vorenthalten!

Als diese Übersetzungen auch für „gut“ befunden wurden, bekam ich einen Termin zum mündlichen Prüfungsteil. Die Fragen zur Landeskunde und den Hilfsmitteln gingen ja gut, bis auf die Frage nach der Zusammensetzung der Bundesversammlung - ich hatte tatsächlich keine Ahnung, hatte auch niemanden, der mir gesagt hätte, das könne eine Prüfungsfrage werden. Die Stegreifübersetzungen erschienen mir sehr schwierig. Spätestens dann bekam ich wirkliche Zweifel, ob ich die Prüfung bestehen würde. Während der Prüfung hatte mein Freund einen schönen Blumenstrauß besorgt und wartete mit ihm in der Hand, dass ich rauskam. Wir warteten zusammen die Ergebnisse der Besprechung des Prüfungsausschusses ab. Als die Vorsitzende in das Wartezimmer kam, um mich reinzuholen für die Mitteilung des Ergebnisses, war sie etwas darüber pikiert, dass mein Freund mit einem „Bestanden“ gerechnet hatte und deshalb mir Blumen gebracht hatte. Das hat sie auch so kommentiert!

Zum Glück hatten wir tatsächlich etwas zu feiern: Ich hatte es geschafft!


Aus deiner Erfahrung als Prüferin, wo haben die Teilnehmenden die meisten Schwierigkeiten?

Das ist schwer zu sagen, denn jede:r Teilnehmende bringt andere Voraussetzungen mit. Die meisten haben muttersprachliche Kompetenz nur in einer der beiden Prüfungssprachen. Einige haben viele Jahren Berufserfahrung, andere wiederum haben zwar eine Ausbildung als Fremdsprachenkorrespondenten, gar ein Translationsstudium absolviert, aber als Übersetzer noch nicht oder wenig gearbeitet.

Die meisten haben die Technik des Stegreifübersetzens nicht gelernt und besitzen keine Erfahrung damit. Daher haben sie Schwierigkeiten, ihre eigene „Performance“ während der Vorbereitung zu bewerten. Da hilft auf jeden Fall ein fremder, möglichst fachlicher Blick.


Was wären deine drei besten Tipps für die Prüfungsvorbereitung?

Per Hand zu schreiben, macht ja keiner heutzutage. Drei bis vier Stunden lang deine Übersetzungen während der Prüfung handschriftlich zu erstellen ist eine Herausforderung. Das kannst du aber üben!

Vergiss deine Perfektionsansprüche. Eine Steggreifübersetzung kann nie so gut wie eine schriftlich, in Ruhe erstellte Übersetzung werden. Daher übe paraphrasieren! Für den Fall, dass dir ein Fachbegriff nicht so schnell einfällt.

Lies regelmäßig Zeitungen aus den beiden Sprachräumen und zwar mit der Frage im Kopf, wäre diese oder jene Nachricht prüfungsrelevant. Mach dir Notizen darüber und versuch deine Notizen nach größeren, über Monate wiederkehrenden Themen zu gruppieren. Mit der Zeit wird sich ein Kern an Landeskunde-Themen herausbilden.


Was sollten Kandidaten an den Prüfungstagen unbedingt beachten?

Wer gestresst zur Prüfung ankommt, braucht mehr, wertvolle Zeit, um zur Ruhe und Konzentration zu kommen. Daher lieber am Tag vor der Prüfung schon anreisen, wenn man in einer anderen, vom Prüfungsort über 1-2 Stunden entfernten Stadt wohnt.

Gleiches gilt für Handy, Mails und sonstige Nachrichtendienste. Sie stören die Konzentration auf die Prüfung. In den Stunden vor der Prüfung würde ich das Handy ganz tief in der Tasche stecken und lieber durchs Zugfenster schauen.

Dass man genug zu trinken und seine Lieblingskugelschreiber dabeihaben soll, versteht sich von selbst, oder?


Wenn sich jemand für ein personalisiertes Prüfungstraining bei dir interessiert, wie kann dich diese Person am besten kontaktieren?

Am besten via E-Mail: Luisa.callejon@callejon-sprachdienste.de Online-Erstgespräche zum gegenseitigen Kennenlernen sind kurzfristig immer möglich.


Luisa Callejón, Übersetzerin, Dolmetscherin, Dozentin und Prüfungstrainerin für Spanisch aus Berlin. Recht, Medizin, Marketing.

Website: http://callejon-sprachdienste.de/

LinkedIn: https://www.linkedin.com/in/luisa-callejon

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Möchtest du staatlich geprüfter Übersetzer werden?

Fragen zur Selbsteinschätzung von Marta Pagans


Bild von Michaela Janetzko

Nein, ich habe die Staatliche Prüfung nicht ablegt, und das habe ich auch nicht vor. Da aber immer wieder Kolleg:innen auf mich zukommen, die vor dieser Herausforderung stehen, möchte ich hier meine Sicht als Beraterin geben.

Spielst du mit dem Gedanken, die Staatliche Prüfung für Übersetzer abzulegen? Ich habe hier einige Fragen gesammelt, die du dir unbedingt stellen solltest.


Wo stehst du gerade?

Je realistischer du dich einschätzt, desto besser kannst du beurteilen, wie viel Zeit und wie viel Energie du für die Prüfungsvorbereitungen einplanen sollst. Du kannst dann besser abwägen, ob jetzt der richtige Zeitpunkt dafür ist oder ob du dieses Projekt lieber noch für eine gewisse Zeit ruhen lassen solltest.


Deine Sprachen

Sind beide Sprachen, die geprüft werden, bei dir auf muttersprachlichem Niveau? (Das wäre natürlich ideal.) Ist eine davon bei C2 oder C1? (Das ist wünschenswert.) B2? Hier hast du schon in der allgemeinen Sprache einiges an Nachholbedarf.

Online-Einstufungstests können dir eine erste Einschätzung deiner aktuellen Sprachkenntnisse geben. Hier findest du zum Beispiel einen Online-Einstufungstest für Spanisch vom Instituto Cervantes. Und hier noch einen Online-Einstufungstest von Cambridge English.


Allgemeinbildung

Wie gut ist deine Allgemeinbildung? Wie sieht es mit Landeskunde aus? Wie gut bist du über aktuelle Themen informiert? Schaust du Nachrichten und informierst du dich regelmäßig in der Presse? Könntest du dich jetzt schon auf Anhieb in deiner Muttersprache über gesellschaftlich relevante aktuelle Themen unterhalten? Wie sieht es in deiner Fremdsprache aus? Oder sind Tagesschau und Zeitung gar nicht deins?


Dein Hintergrund

Hast du eine Ausbildung als Wirtschafts- oder Fremdsprachenkorrespondent:in oder als Europasekretär:in abgeschlossen und hattest ein paar Fächer mit Übersetzen belegt? Dir wird trotzdem einiges an Übersetzungspraxis und Fachkenntnisse fehlen.

Übersetzungspraxis wird dir wahrscheinlich auch fehlen, wenn du aus dem juristischen Bereich kommst und einen Quereinstieg in die Übersetzungsbranche anstrebst. Dafür dürftest du aber in juristischer Hinsicht schon ziemlich fit sein. Zumindest in deiner Muttersprache.

Hast du einen sprachlichen Hintergrund? Du hast Germanistik, Anglistik oder Sprachen auf Lehramt studiert? Oder hast vielleicht ein Dolmetsch- oder Übersetzungsstudium hinter dir? Dann sollte dir das Sprachliche im Prinzip nicht so viele Schwierigkeiten bereiten wie Fachkenntnisse in Recht oder Wirtschaft.

Praxiserfahrung ist (leider) nicht alles

Hast du schon einige Jahre Erfahrung beim Übersetzen? Vielleicht schon 5, 10 oder sogar 15 oder 20 Jahre? Oder fängst du jetzt erst an? Das sind ganz unterschiedliche Ausgangspunkte ...

Auch wenn es paradox klingen mag, jahrelange Praxiserfahrung allein ist kein Garant für eine bestandene Prüfung. Denn die Staatliche Prüfung hat mit dem realen Übersetzungsalltag wenig bis gar nichts zu tun. Oder wann hast du das letzte Mal stundenlang per Hand und ohne Hilfsmittel in die Fremdsprache übersetzt? Und eine Stegreifübersetzung eines Zeitungsartikels zum Beispiel zum Thema Andengletscherkrise gemacht? Ich, in den letzten 24 Jahren, kein einziges Mal!

Wenn du schon seit so vielen Jahre im Beruf bist, kann es gut sein, dass deine letzten Klausuren schon Jahrzehnte zurückliegen, was mich mich zur nächsten Frage bringt:

Was für ein Klausurtyp bist du?

Denk bitte zurück an deine Schul- und Unizeiten. Bist du während Klausuren und Hausarbeiten eher ruhig und warst du damals in der Lage, all das auf Papier zu bringen, was du konntest? Vielleicht sogar mehr, als du tatsächlich konntest? Oder waren Prüfungssituationen nie deins, da dir deine Nervosität oft einen Strich durch die Rechnung gemacht hat?


Was für ein Lerntyp bist du?

Suchst du dir deine Lernmaterialien am liebsten selbst zusammen und lernst du am besten allein? Bist du der Selbstlernkurstyp? Oder schätzt du das Lernen in einer Gruppe mit direktem Austausch zu den Lehrkräften und anderen Teilnehmenden?


Schreiberling oder wortgewandt?

Der mündliche Teil bei der Staatlichen Prüfung ist sehr anspruchsvoll. Wie geht es dir bei mündlichen Prüfungen? Bleibst du recht entspannt oder zieht es dich eher Richtung Panikattacke? Hast du schon Dolmetscherfahrung?


Was ist deine Motivation?

Was erhoffst du dir von der Staatlichen Prüfung? Mehr Umsatz? Ein neues Arbeitsfeld? Brauchst du sie unbedingt, weil deine Ermächtigung bzw. Vereidigung oder Beeidigung demnächst abläuft und du auch weiterhin ermächtigt/vereidigt/beeidigt sein möchtest? Ein klares Ziel vor Augen zu haben, hilft dir ungemein dranzubleiben. Ein verschwommenes eher weniger ...


Deine Umstände

Wie viel Zeit hast du realistisch für die Vorbereitungen? Arbeitest du Vollzeit in einer Feststellung? In Teilzeit? Bist du selbstständig? Falls ja, weißt du, wie viele Stunden du etwa pro Woche bzw. Monat arbeitest?

Wie sieht es mit deinem Privatleben aus? Lebst du allein? Hast du Familie? Hast du Eltern, die immer mehr auf dich angewiesen sind? Hast du Kleinkinder? Wie sieht es mit der Kinderbetreuung aus? Besuchen deine Kinder eine Tagesschule? Oder stehen sie unter der Woche kurz nach zwölf wieder hungrig auf der Matte?

Meine Erfahrung zeigt: Wir überschätzen oft (vor allem mit Kindern), wie viel Zeit wir tatsächlich zur Verfügung haben. Diesen Fehler habe ich jahrelang gemacht und bin deswegen beim Planen früher immer kläglich gescheitert. Das kann man (und frau) zum Glück aber lernen! Mehr zum realistischen Planen und die verschiedenen Planungstypen findest du hier.

Mein Tipp: Wenn es dir schwerfällt, deine Zeit (realistisch) einzuschätzen, nimm Stift und Papier und mach dir einen groben Wochenplan. Wie viel Zeit benötigst du für deinen Job? Für die Kinderbetreuung? Für den Haushalt? Für ausreichend Schlaf? Für Sport? Für Freizeit? Denke dabei nicht nur an die (seltene) ideale Woche, in der alles glattläuft, sondern auch an die anderen Wochen, in denen die Kita zu hat, die Kinder krank sind und im Büro die Hölle los ist. Unterschätze auch nicht, wie müde du abends nach einem langen Tag oft bist ...


Deine Kompromissbereitschaft

Worauf bist du bereit zu verzichten, um Zeit fürs Lernen zu schaffen?

Eine Zeitlang auf Netflix und Co., Belletristik und Hobbys zu verzichten, wenn das Ziel klar und deutlich vor Augen steht, ist durchaus machbar. Die eigenen Ansprüche an Haushalt (radikal) runterschrauben, Haushalt und die Kinderbetreuung in der Familie gerechter aufteilen, finde ich generell immer eine gute Idee. Aber auf Dauer auf Schlaf, Bewegung bzw. Sport und eine Verschnaufpause zwischendurch zu verzichten, würde ich dir nie empfehlen. Mit aufgeladener Batterie lernt es sich um einiges leichter.


Das Finanzielle

Hast du ein ordentliches Polster, bist du knapp bei Kasse oder hast du einiges an Schulden, die du zügig abarbeiten solltest?

Bist du allein auf dich gestellt oder kannst du, wenn nötig, auf finanzielle Unterstützung von deiner Partnerin oder deinem Partner, von deinen Eltern oder lieben Verwandten zurückgreifen?

Kannst du es dir leisten, beruflich kürzerzutreten, um mehr Zeit für die Vorbereitungen zu haben? Bei der Festanstellung Stunden zu reduzieren oder in deiner Selbstständigkeit auf (weniger) lukrative Aufträge abzulehnen? Oder bist du momentan auf jeden Cent angewiesen?

Kannst du dir eine kostenintensive Vorbereitung durch Profis leisten? Oder sind deine finanziellen Möglichkeiten eher begrenzt?

Wenn das Finanzielle eine untergeordnete Rolle spielt, kannst du die Vorbereitung für die Staatliche Prüfung mit mehr Gelassenheit angehen. Wobei, wenn du knapp bei Kasse bist, kann das natürlich ein großer Ansporn sein, dich für die Staatliche Prüfung gewissenhaft vorzubereiten. (Ja, ich merke gerade, dass ich mir hier widerspreche ...)


Dein Fazit

Fragen über Fragen. Ich weiß. Ich hoffe aber, sie helfen dir bei der Einschätzung. War alles zu schwammig? Hier zwei Beispiele:

Eine Kandidatin, die vor 20 Jahren ihr Übersetzungsstudium abgeschlossen und in den letzten 20 Jahren regelmäßig beeidigte Übersetzungen in beide Sprachrichtungen vorgenommen hat, die oft und gerne Nachrichten und Zeitung in beiden Sprachen hört und liest, und ihre Sprachen (z. B. im Urlaub) regelmäßig gepflegt, die über ein überdurchschnittliches Allgemeinwissen verfügt, und wenig familiäre Verpflichtungen, dafür aber ein ordentliches finanzielles Polster hat, hat in meinen Augen sehr gute Ausgangsvoraussetzungen.

Etwas anders sieht es bei einer Kandidatin aus, die eine Ausbildung als Fremdsprachenkorrespondentin absolviert, bisher kaum Erfahrung beim Übersetzen gesammelt und Sprachkenntnisse auf B2-Niveau hat, bei der die Allgemeinbildung kleinere oder größere Lücken aufweist, die mit noch relativ kleinen Kindern in einer Teilzeitfestanstellung arbeitet, und die momentan recht knapp bei Kasse ist.

Heißt das, dass Kandidatin 1 so gut wie sicher die Prüfung in der Tasche hat? Nein, überhaupt nicht. Sie muss sich trotzdem gewissenhaft dafür vorbereiten. Wie gesagt, die Prüfung hat mit dem realen Übersetzungsalltag wenig bis gar nichts zu tun.

Heißt das, dass Kandidatin 2 gar keine Chancen hat, die Prüfung zu bestehen? Nein, das nicht. Mit der richtigen Vorbereitung kann auch sie es schaffen. Im Vergleich zu Kandidatin 1 wird sie aber viel mehr Arbeit, Zeit und Energie in die Vorbereitungen investieren müssen.

Unabhängig davon, wie deine Ausgangssituation aussieht, würde ich dir sehr ans Herz legen: Nimm dir bitte Zeit und denke über folgende Fragen in Ruhe nach:

  • Will ich das wirklich?

  • Ist es mir das wert?

  • Ist jetzt der richtige Zeitpunkt?

Passt es für dich momentan? Dann wünsche ich dir jetzt schon viel Erfolg beim Vorbereiten!

Spricht momentan viel zu viel dagegen? Dann warte doch lieber. Die Staatliche Prüfung läuft dir nicht davon. Und es kommen andere Zeiten ...

Tipp: Was hilft mir, wenn mich etwas brennend interessiert und ich einsehen muss, dass es zeitlich (noch) nicht passt? Ich rechne aus, wie viele Jahre ich noch bis zur Rente habe. In meinem Fall sind es noch knappe 20 Jahre. In 20 Jahren kann ich noch einiges erreichen. Es muss nicht unbedingt jetzt alles sofort sein.

Bist du unsicher, ob du demnächst anfangen sollst, dich für die Staatliche Prüfung vorzubereiten? Das können wir sehr gerne in einer Einzelberatung besprechen. Du bekommst meine ehrliche Einschätzung dazu und, wenn du dich für die Prüfung entscheidest, kann ich dich dabei begleiten und dir helfen, dich dabei besser zu strukturieren und auch (motiviert) dranzubleiben.

Klingt das gut? Hier kannst du dir einen Termin für ein Erstgespräch aussuchen, wenn du magst.

Ich freue mich, wenn ich bei den Vorbereitungen auf die Staatliche Prüfung für Übersetzer unterstützen darf!




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